HAMMER ZEITEN

„Keiner braucht dich, keiner will dich"

Ein Boxsack erntet Schläge und Tritte. Es ist ein verhältnismäßig sachter Einstieg in ein Stück, dass an Grenzen kratzt.

 

„Wisch die Kotze deiner Mutter weg.“ „Keiner braucht dich, keiner will dich, also halt einfach die Fresse!“ Worte die schocken, Worte die bewegen, Worte aus dem Tanz-Theaterstück „Hammerzeiten-wer wir wirklich sind“, das im Tanzhaus NRW in Düsseldorf aufgeführt wird. Es ist kein normales Stück das dort geübte Profi-Tänzer aufführen. Es ist ein Stück, das von 25 tanzbegeisterten Jugendlichen, von denen die meisten Düsseldorfer Hauptschulen besuchen, aufgeführt wird. Ein Stück, das unter dem Projekt „Take off“ läuft, welches versucht, Jugendliche für das Tanzen zu gewinnen. Es wendet sich an Jugendzentren oder Schulen, um jungen Leuten, die nicht die finanziellen Mittel haben um teure Tanzkurse zu belegen, die Chance zu geben, Leidenschaft zu entfachen und auszuleben.
„Hammerzeiten“ ist ein Stück über grausame Schicksale, Gewalt und Jugendkriminalität. Der Choreograph Guido Markowitz ist der Leiter des Projekts. Er hat sich die „Storyline“ des Stücks überlegt und mit den Schülern intensiv gearbeitet.
„Anfangs habe ich mit den Schülern eine feststehende Szene des Stücks geübt, damit sie sich kennenlernen, mich kennenlernen und beginnen zu vertrauen“, sagt Guido Markowitz. „Schließlich hatten sie die Möglichkeit über ihre Erfahrungen mit Gewalt zu erzählen. Sie mussten dabei nicht von sich berichten, sondern konnten auch von Freunden sprechen, oder sich Ereignisse ausdenken“, so Markowitz. Dabei vertrauten die Schüler ihm schlimme und schmerzende Erfahrungen an, die dieser dann teilweise in das Stück einbaute. 
Diszipliniert arbeiteten die Jugendlichen. Und das zahlte sich aus! Die jungen Tänzer brachten ein großartiges Stück auf die Bühne und begeistern viele Zuschauer. Bald wird nun sogar ein Dokumentarfilm von Ute Hilgefort über die Entstehung des Stücks und den Prozess der Jugendlichen erscheinen. 
Über die Hauptaussage des Stücks sagt Markowitz: „ Es ist ein Stück über Gewalt und vor allen Dingen über Gewalt unter Jugendlichen. Ein Thema über das viel diskutiert wird. Doch Gewalt gab es schon immer. Jede Generation erlebt verschiedene Formen der Gewalt. Und: Ganz wichtig: Die Jugendkriminalität ist in den vergangenen Jahren gesunken. Wir haben also guten Grund weiterhin auf Besserung zu hoffen.“
„Jugendkriminalität gesunken!“ Groß wird diese Schlagzeile auf Leinwand projiziert, davor tanzen Jugendliche ausgelassen und glücklich auf der Bühne. Dann: tosender Applaus, junge Menschen, deren Wurzeln aus 14 unterschiedlichen Nationen stammen, nehmen sich an den Händen und neigen ihre strahlenden Gesichter zu Boden, um sich gebührend beim Publikum zu bedanken. 
„Hammerzeiten“-Ein Stück das nicht nur das Publikum begeistert und bewegt, sondern Jugendlichen mit schlimmen Geschichten und schlechten sozialen Verhältnissen Selbstvertrauen gibt und Grenzen verschiebt. Ein Stück, in dem Jugendliche die von vielen Menschen unterschätzt, beleidigt, belächelt oder bemitleidet werden, zeigen, was sie draufhaben!

 

Musik: Lauter Leben
Choreografie, künstlerische Leitung: Guido Markowitz
Co-Choreografie Assistenz: Damian Gmuer
Videoinstallation: Uli Sigg
Bühnenbild, Kostüme: Sarah Büchel.

 

Eine Produktion des tanzhaus nrw im Rahmen von „Chance Tanz“, unterstützt durch die Rotary-Clubs Düsseldorf-Pempelfort, Düsseldorf-Schlossturm, Düsseldorf und Düsseldorf-Süd sowie „Take-off: Junger Tanz. Tanzplan Düsseldorf“, gefördert von Tanzplan Deutschland, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes, sowie der Landeshauptstadt Düsseldorf, des Ministerpräsidenten des Landes NRW und der Kunststiftung NRW.

 

 

http://tanzhaus-nrw.de
http://www.gm-dance.de